Donnerstag, 13. Oktober 2011

Solo (Java) – Eine gewachsene Beziehung

Solo und ich hatten wirklich einen denkbar schlechten Start.
Auf der Fahrt nach Solo habe ich erfahren, dass es dort zwei Wochen zuvor einen Anschlag auf eine christliche Kirche gegeben hat. Das kommt wohl häufiger vor, denn Solo ist eine der islamischsten Städte im bevölkerungsreichsten muslimischen Land der Welt.
Und kaum hatten wir in unserem Minibus den Stadtrand von Solo erreicht, brach unser Fahrer über dem Lenkrad zusammen und weigerte sich nach Solo rein zu fahren, weil ihm die Stadt nicht geheuer sei. Nach eindringlichem Zureden konnte ich ihn dazu bewegen weiterzufahren, doch ab jetzt lag die Navigation bei mir…. In indonesischen Großstädten einfach ein Mordsspaß… An der Hauptstraße von Solo ließ er mich dann raus und fuhr mit meinen beiden französischen Begleitern von dannen. Bis zum Guesthouse meiner Wahl war es aber immer noch mehr als ein Kilometer. Und so latschte ich blond gelockter Jüngling in Flip Flops und kurzer Hose vorbei an Scharen dunkler Menschen die an diesem Freitagabend die Straßen bevölkerten. In meinen Knochen steckten ja lediglich das Aufstehen um 4 Uhr, 4 Stunden Trekking rund um den Mt. Bromo und eine ermüdende 9 stündige Minibusfahrt….
Schließlich fand ich das Paradiso Guesthouses in einer dunklen Gasse, mit einer schweren Metalltüre und Stachdraht auf den Mauern gesichert vor. Im Inneren gab es dann was man für 4,50€ die Nacht erwarten darf. Wenig Schönes, aber viele Moskitos.
Ich verfluchte, dass ich nicht wie die beiden Franzosen einfach eine Stunde weiter nach Yogyakarta durchgefahren war und legte mich mit der Gewissheit schlafen, diesen Fehler am nächsten Morgen unverzüglich zu korrigieren.
Ich hätte mir nicht erträumen können, dass ich stattdessen drei Nächte bleiben würde und in Solo einige der tollsten Erfahrungen meiner Reise durch Indonesien machen würde.
Wie das passierte? Machen wir es chronologisch:
1.    Chillen im Einkaufszentrum
Im Einkaufszentrum gibt es bestimmt WiFi und tuen wird mir da wahrscheinlich auch niemand was. Mit diesem Gedanken machte ich mich auf den Weg zur Solo Grand Mall, um an meinem Blog zu arbeiten. Dort musste ich dann feststellen dass die Menschen, die in der Nacht zuvor noch ohne Ausnahme wie potentielle Bombenleger ausgesehen hatten, in Wirklichkeit meist Teenager waren, die noch dazu super freundlich sind. Und wenn ich das andauernde weibliche Kichern und Erröten – insbesondere der Kopftuch tragenden Fraktion - auch nur annährend richtig gedeutet habe, war es ganz und gar unislamistisch was die meisten so gedacht haben. ;-)
Da mir das Einkaufszentrum sympathisch wurde, kaufte ich mir auch noch ein Ticket für die Abendvorstellung von Captain America, um diesen Ruhetag ruhig ausklingen zu lassen. Dachte ich…


On a Becak (Bicycle-Rikscha) through Solo

2.   Schach gegen Rikscha-Fahrer und ein Wunderkind
Nach dem Ende der Vorstellung spazierte ich dann gegen 23 Uhr in Richtung Guesthouse und passierte dabei eine Gruppe Rikscha-Fahrer, die in Schach-Partien vertieft waren. Kaum war ich stehen geblieben, um ihnen zuzusehen, kam der erste mit einem Schachbrett auf mich zu und ich nahm seine Einladung dankend an und gesellte mich zu ihm auf den Bürgersteig. Schell entwickelte sich unsere Partie zum Center Court und in einem engen Duell konnte ich den Sieg erringen. Doch kaum war die Partie vorbei, wurde ein 13 jähriges Mädchen an seine Stelle gesetzt, die begierig darauf war ihren bereits beachtlichen Englischwortschatz aufzupolieren. So sehr ich mich auch über die Unterhaltung freute war ich doch ein wenig enttäuscht, dass mein Gegner auf Augenhöhe durch ein Kind ersetzt worden war. Naja, es bedürfte ca. 5 blitzschneller Züge von ihr und einer unkonventionellen und äußerst aggressiven Spieleröffnung (von der ich mich nicht mehr erholen sollte), bis mir dämmerte, dass man mir einen der Schach-Nachwuchsstars von Solo gegenübergesetzt hatte (sie besucht mit 13 bereits die Highschool und trainiert 3 Mal die Woche Schach im Verein. Hinzu kommen natürlich noch die regelmäßigen Turniere und Spiele auf der Straße… Ja schönen Dank auch!
J). Immerhin habe ich mich so tapfer geschlagen, dass es am Ende der Partie bereits 1 Uhr nachts war. Von dem Mädchen und ihrer Mutter wurde ich dann für den nächsten Abend zu einer Revanche in ihrem Haus eingeladen.
Als ich diesmal durch das nächtliche Solo zu meinem Guesthouse ging, war meine Stimmung bereits eine ganz andere, aber es sollte noch besser werden!
3.   Tempeltour mit Daniel
Den Guide Daniel hatte ich bereits am Vortag getroffen und mit ihm eine Tour zu zwei Hindu-Tempeln verabredet. Pünktlich um 8 Uhr holte er mich an meinem Guesthouse ab und mal wieder hieß es auf einem Motorrad aufsitzen. Nachdem er auf der Schnellstraße ein Grand Prix reife Leistung hingelegt hatte, legten wir bei einem kleinen Imbiss am Straßenrand einen Frühstückstop ein. Es gab für uns beide Tee und ein köstliches Papaya-Hühnchen-Gericht mit Reis. Da das Essen köstlich war bestand ich darauf die Rechnung zu übernehmen und hier gab es dann die erste positive Überraschung: 16.000 Rupien… Das sind 1,30€ für zwei Tee und zwei köstliche Speisen. Der Guide taugt was!
Was den weiteren Verlauf der Tempeltour angeht lasse ich jetzt mal lieber Bilder sprechen:

My guide Daniel. If you are in Solo, do a tour with him!


Well kids, please let your mom and dad explain this....


I like Ganesha - For me he is the god for the happy fat people. :-)


If you ever play hide and seek in a tea field, wear green!


Stargate?


4.   Badminton mit Daniel
Während der Tour hatten Daniel und ich festgestellt, dass wir beide gerne Badminton spielen und so organisierte Daniel im Anschluss fix zwei Schläger und um 13 Uhr Mittags begaben wir uns bei 36°C in eine Badminton-Halle. Aus Sportmedizinischer Sicht vielleicht nicht ganz so clever, aber dank 2,5 Liter Wasser, die ich innerhalb von 1 1/2 Stunden getrunken und wieder ausgeschwitzt hatte, ein gelungener Spaß.
Nach dem Spiel waren alle Spieler in der Halle begierig darauf mit dem großen Sportskameraden zu plaudern und Fotos zu schiessen. Ein Chinese nötigte mich dazu sämtliche Snacks zu probieren, die er auftreiben konnte (und sie waren größtenteils echt köstlich, auch wenn Tofu wohl nie so ganz meins werden wird) und als er erfuhr, dass Daniel mich noch nicht zum Cobra-Essen mitgenommen hatte, wurde mein Guide fast gelyncht. Daraufhin war mein Abendessen quasi beschlossene Sache...
The little tough fellow is still laughing, but in the end ´he had to pay his tribute to 17 years age / 25cm height difference.

Wearing the tradiotional Indonesian Badminton dress

     5.   Cobra-Dinner
           Nach dem Badminton-Spiel war die gewohnt kalte Dusche ein Segen, doch nur eine Stunde
           später sammelte Daniel mich wieder auf, um mit mir zum Cobra-Imbiss zu fahren. Dort  
           wurden uns dann erstmal zwei lebende Cobras vorgeführt, bei denen ich mich dann für das  
           schlankere, aber agilere Model entschied.
           Das Folgende (sowie die abgebildeten Fotos) sind wohl nichts für Vegetarier und Menschen
           mit schwachen Nerven / Magen, wobei ich das Ganze sehr gut Vertreten kann, da von der
           Cobra mehr verwertet wird als von einem Hühnchen und Cobra auch geschmacklich ihre
           Berechtigung auf dem Speiseplan hat und nicht nur zu Show-Zwecken verspeist wird
           Verwertet wurden das Blut, dass mit Red Bull verdünnt die Manneskraft stärken soll (ich  
           hatte leider keine Gelegenheit dies auf seinen Wahrheitsgehalt zu testen), das Fleisch (das
           wie Hühnchen schmeckt) und das Herz, das wie das Fleisch gebraten wird und ganz passabel
           schmeckt.

Fear your food!


At that point I felt quite sick, but well, this is Indonesia...

Cobra blood makes you love long time and cures cancer, but doesn't enable you to defeat a 13 year old girl in chess...

Cobra meat tastes like chicken, Cobra heart... well, it is okay.

     6.   Hausbesuch beim Wunderkind
           Frisch gestärkt ging es dann zum Haus des Schach-Wunderkinds, wo wir herzlich mit Tee
           empfangen wurden und einen schönen Einblick in das häusliche Leben in Solo bekamen.
           Das Schachspiel ging trotz der Cobra-Superkräfte hoffnungslos verloren, doch das war in solch
           netter Gesellschaft natürlich zweitrangig.

Visiting my chess-friend at home (on the floor you see the board of shame)
Und somit habe ich auch Solo sehr zu schätzen gelernt. This is Indonesia. And I love it.

1 Kommentar:

  1. Ich lach mich echt jedesmal tot. Du schreibst so lustig. :-)
    Ich bin auf alles neidisch! Außer die Sache mit der Kobra.

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