Samstag, 19. November 2011

Bagan (Myamar) - Für Tage wie diese bin ich auf Reisen

Es gibt einfach Orte die muss man gesehen haben, um sie begreifen zu können. Mount Bromo war ganz sicher so einer und Bagan ist es.
Häufig ist es so, dass ich bereits im Vorfeld viel über einen Ort gelesen habe und Bilder gesehen habe, so dass der Ort selbst zwar beeindruckt, aber dem Bild in meinem Kopf wenig hinzufügen kann. Doch auch wenn ich mir versucht habe die Beschreibung des Lonely Planet vorzustellen ("über 4.000 Tempel auf der Fläche von Manhatten"), so ist meine Vorstellungskraft doch kläglich an der Realität gescheitert. Und das ist toll.
Doch nun erstmal der Reihe nach:
Dank der neuen Schnellstraßen im Zentrum von Myanmar benötigte mein Bus von Yangoon nach Bagan nur 10 statt der angekündigten 12-15 Stunden. Klingt erstmal toll, bedeutet aber, dass ich um 3 Uhr Nachts - und nicht wie gedacht im Morgengrauen - an einem staubigen Busbahnhöfchen rausgeschmissen wurde. Um die diese Zeit gestalltet sich die Zimmersuche dafür recht pragmatisch: Wenn einem jemand die Tür auf macht, ein Zimmer für 10$ zu haben ist und einem bei der Besichtigung desselbigen nicht gleich Kakerlaken oder Schimmelpilze anspringen, wird es genommen. Die angenehme Überraschung am Morgen war, dass mir die Nacht nicht berechnet wird. Hintergrund ist, dass die Unterkünfte ihre Gäste der Regierung melden müssen. Da mich am Vortag niemand gemeldet hatte, war ich offiziell also gar nicht da. Ob dieser Ersparnis euphorisch habe ich unverzüglich 2€ wieder auf den Kopf gehauen und eine Karte vom Umland von Bagan zu erstehen und ein Fahrrad zu mieten.
Der Hotelier wies mir den Weg zur ersten Pagode - einem der erklärten Highlights von Bagan - und ich radelte los. Die Pagode erreichte ich nach 5 Minuten und sie war nett... Nett, aber deutlich kleiner und uninteressanter als die Shewagon Pagode, die ich in Yangoon besichtigt hatte. Und das sollte nun eines der Highlights sein?



Ich befürchtete, dass mich die Tempelmüdigkeit übermannen würde und entschloß mich dazu ersteinmal zum großen Fluß Irriawady hinunter zu fahren. Doch schon wenige Meter nachdem ich das Dorf verlassen hatte, passierte ich bereits den nächsten Tempel und obwohl - oder vielleicht auch weil - er auf meiner Karte nur mit einer von mehr als 2.000 Nummern und nicht mit einem Namen versehen war, lenkte ich mein Fahrrad sogleich in die ihn umgebenden Büsche und machte mich daran ihn ganz für mich alleine zu erkunden. Kaum hatte ich den Tempel halb umrundet, entdeckte ich nur einige Meter weiter den nächsten, deutlich größeren Tempel. Dort war ich zwar nicht ganz alleine, sondern wurde von einem netten, jungen Birmanen herzlich empfangen. Er führte mich auf das Dach des Tempels, von wo ich zum ersten Mal die unglaubliche Aussicht über die Ebene von Bagan erblicken dürfte. Die Anzahl der zu erblickenden Tempel wird hier wirklich nur durch die Sehkraft limitiert.




Irrawady River


Probably one of the most scenic working environments in the world.

Als wir wieder ins Innere des Tempels zurück kamen, bot er mir seine Sandgemälde zum Kauf an (er sollte an diesem Tag der Erste, aber noch lange nicht der letzte sein) und wieder einmal versuchte ich einem netten Menschen, der vermutlich seine Heimatstadt, geschweige denn sein Land noch nicht verlassen hat, freundlich zu erklären, dass seine echt schönen Souveniers das letzte sind was ich in meinem knapp bemessenen Weltreisegepäck gebrauchen kann und dass ich weder ein Haus besitze wo ich sie aufstellen könnte, noch meine Familie für eine lange lange Zeit sehen werde. Wie so häufig hatte ich das Gefühl, dass er mich entweder für einen schlechten Lügner oder vollkommen bekloppt hält.
In den nächsten Stunden (und auch am gesamten Folgetag) tingelten ich und mein getreues Stahlross ("Hero" - Hab ich mir nicht ausgedacht, steht drauf) von den Ufern des Irriawady zu einem Tempel nach dem anderen, ohne dass uns Guide oder Guidebook lenkten und belehrten, ob König Rasa denn höchstpersönlich jenen Tempel im Jahr 1083 erbaut hat oder die Buddah-Statue mit einer aussergewöhnlichen Handhaltung glänzt, sondern einfach nur der Nase nach. Als die Mittagssonne zu prall wurde (37° im so gut wie nicht existenten Schatten), machte ich es mir für ein paar Stündchen auf der Aussichtsterasse einer Pagode gemütlich. Und auf den Gesichtern der vorbeieilenden Touristen konnte ich eine Frage förmlich ablesen: "Wie kann der da bloß einfach rumsitzen und lesen, sieht er denn nicht, dass vor ihm die vielleicht beeindruckenste historische Landschaft der Welt liegt?" und am liebsten hätte ich ihnen gesagt: "Setzt euch mal zu mir, lasst den Reisebus zum nächsten Tempel ohne euch fahren, lasst diese Landschaft einfach auf euch wirken, hört ein bisschen Musik, esst ein paar Kekse, quatscht über das birmanische Essen oder lest ein Buch - lebt in dieser einmaligen Landschaft und schaut euch die anderen Tempel morgen an." Doch dann fiel mir ein, dass sie morgen wahrscheinlich schon im Flieger nach Mandalay sitzen. Wenn ich nicht wüsste, dass sie diese Nacht in ihren 4-5 Sterne Hotelbetten selig schlummern, während ich vermutlich auf Grund eines der häufigen, mehrstündigen Stromausfälle ohne A/C in meinem Bett schweißgebadet aufwache, hätte ich fast ein bisschen Mitleid mit ihnen gehabt.
Ich hab mir die anderen Tempel am nächsten Tag angesehen - oder besser gesagt eine kleine Auswahl davon - und wie schon am Anfang beschrieben bin ich schwer begeistert und kaum in der Lage die Begeisterung in passende Worte zu fassen. Denn ich glaube Bagan ist einmalig auf der Welt und sobald Myanmar sich öffnet und die Bildschirme groß genug werden, um die Dimensionen von Bagan greifbar zu machen, wird es seinen rechtmäßigen Platz zwischen den Pyramiden, Angkor Wat, Machu Pichu und dem Kolloseum einnehmen.
Ich vermute die meisten von euch sind inzwischen meines Dauer-Grinsendes-Gesichts überdrüssig und somit habe ich diesmal dem Hero-Bike das Posen überlassen:


Hero bike in the front, just another amazing temple in the back.


Hero bike wanted to join the monastry, but was rejected. :-(


Hero bike in romantic mood.


Stupid Hero bike lost the way. Had to push it through sand for an hour.


Hero bike was a little shy this morning, can you find it though?


Hero bike was so glad it wasn't him who rented it.

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